When the Tide Goes Out, 2020

Elizabeth Barsham (1950er*),
Öl auf Leinwand, 92 x 112 cm

Frühjahr/Sommer 2022

Die im goldenen Schnitt angeordnete Szenerie zeigt im Vordergrund ein ineinanderfliessendes Durcheinander von ästhetisch wohlgeformten Meeresorganismen und nostalgisch maroden Dingen auf dem Meeresboden. Die dominierenden, fleischfarbigen, rosa bis violetten Töne auf beigem Grund verbreiten erstes Unbehagen. Dem steht eine verheissungsvolle, frische Spannung gegenüber, erzeugt durch das Maigrün der Algen und Gefässe, durch die beschädigte gold-gelbe Kugel und das hellblaue Wasser, das vom Mittel- in den Hintergrund fliesst. Das weibliche Fabelwesen in Gesellschaft eines Vogeltieres im Mittelgrund erweckt die Neugierde des/der Betrachters/in. Ihr meerjungfrauenhafter Körper fasziniert, ist elegant und verführerisch. Auf den ersten Blick präsentiert sich auch das Vogeltier anmutig schön. Einige Details der Figur und die gelb-blasse Farbe des Körpers verunsichern jedoch diesen ersten Eindruck: Der fixierende Blick aus Kugelaugen in ein Natel/Spiegel (?), das Lächeln aus dem Schmollmund mit den spitzen Zähnen und die herrische Handgeste der mehrarmigen Wasserfrau sind seltsam beklemmend. Der vogelähnliche Begleiter gleicht einer Statue. Seine knochigen, ausgemergelten Flügel und das ausdrucksleere Gesicht provozieren Unwohlsein. Zwischen den beiden Wesen hindurch, vorbei an einem Pfahl mit symbolisierter geballter Faust (?) und entlang schroffer Felsmauern in die Ferne nimmt der leuchtende Wasserrückfluss seinen Weg ins Meer in den blauen-grauen Hintergrund. Zwei gebückte Menschengestalten waten dort in der dunstigen Atmosphäre an einem gekippten Boot (?) vorbei. Alles andere verliert sich hinter dem Nebelvorhang.

Das Bild ist ein Beitrag der Künstlerin zur Gruppenausstellung «Dangerous Women» im Sommer 2020 in Hobart, Tasmanien. Es ist eine erzählerische Hommage ans Zwielicht, das Oberflächliche und Abgründige und an den nervenaufreibenden Moment, wenn das unvorstellbar Gute oder Schlechte zutage tritt. Dieses Aufreiben, das in unzählige Geschichten führt, schätzt Karin Gerig sehr.

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